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Nanga Parbat Winter-Expedition | 9. Bericht 01.01.2014

 

Nanga Parbat im Abendlicht

Nanga Parbat im Abendlicht

Text von Stefan Nestler | Blog Abenteuer Sport Deutsche Welle

www.ralf-dujmovits.de

Schwierige Entscheidung

Die Wolkendecke hat aufgerissen über dem Nanga Parbat. Der Schneefall habe – wie von Charly Gabl vorausgesagt – in der Nacht aufgehört, schreibt Ralf Dujmovits per Mail aus dem Basislager. 40 Zentimeter Neuschnee seien zusammengekommen. Die Sonne habe zwei Stunden lang geschienen. Zum ersten Mal seit Tagen hätten Darek Zaluski und er die gesamte Diamir-Wand einsehen können. „Als wir sie studierten, wurde unsere Furcht bestätigt, dass wir auf der Messner-Route mit ziemlich großem Risiko klettern: Auf der riesigen Eisbarriere thronen zwei einzelne, große Eistürme. Und sie sehen nicht sehr stabil aus.“

In der Falllinie

Das Depot, das Ralf und Darek auf etwa 5500 Metern angelegt haben und das sie bisher auch als möglichen Lagerplatz in Erwägung gezogen hatten, liegt in der Falllinie einer möglichen Eislawine, sollte einer der beiden Türme zusammenbrechen. „Ich wusste, dass ich auf der Messner-Route unterhalb dieser großen Eiswulst klettern muss. Aber ich hatte nicht erwartet, dass ich mir meinen Weg bei so schwierigen Eis- und Gletscherbedingungen suchen und dabei so viel Zeit unter der Eisbarriere zubringen müsste.“ Nach dem anderthalb Tage andauernden Schneefall wirke die Messner-Route von unten versperrter als sie tatsächlich sei.

Anderthalb Tage volles Risiko

Wetterfrosch Charly Gabl erwartet für den 8. und 9. Januar zwei Tage mit sehr wenig Wind. Das klingt nach einer guten Gelegenheit für einen Gipfelversuch. Doch erst einmal muss Ralf die heikle Passage im unteren Bereich überwinden. „Nun grübele ich, was ich tun soll”, schreibt Ralf. “Meine beiden Nächte auf dem Gipfel des Aconcagua, um mich zu akklimatisieren, waren am 12. und 13. Dezember. Ich fühle mich zwar stark genug, aber ich bin nicht so schnell, wie ich unter diesen Bedingungen sein sollte.“ Ralf rechnet damit, dass er vom Lagerplatz auf 4900 Metern etwa anderthalb Tage benötigt, um die große Eisbarriere hinter sich zu lassen. „Es ist ein großes Risiko, so viel Zeit unterhalb der beiden instabilen Eistürme zu verbringen. Innerhalb der nächsten 24 Stunden muss ich mich entscheiden.“

Nanga Parbat Winter-Expedition | 8. Bericht 31.12.2013

 

Nanga Parbat im Abendlicht

Nanga Parbat im Abendlicht

Text von Stefan Nestler | Blog Abenteuer Sport Deutsche Welle

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Zeitraubend und Furcht einflößend

Umsonst gespurt. „Es hat heute den ganzen Tag über geschneit“, berichtet Ralf Dujmovits aus dem Basislager auf der Diamir-Seite des Nanga Parbat. „Wir haben sicher zwischen 35 und 40 Zentimeter Neuschnee.“ Auf dem Weg zum Toilettenzelt sei er in eine Schneewehe gerutscht und habe Mühe gehabt, wieder herauszukommen.“ Ralf und sein polnischer Gefährte Darek Zaluski wissen, dass sie ihren Weg hinauf zum gestern angelegten Depot auf 5500 Metern wieder komplett neu spuren müssen. Der Neuschnee erhöht zudem die Lawinengefahr. „Wenn der Wind den Schnee nicht rausbläst, ist da gar nichts zu machen.“

Komplizierter als erwartet

„Ich bin noch einigermaßen zuversichtlich“, sagt Ralf. „Darek nicht ganz so.“ Eine große Eislawine, die während ihrer Zeltnacht auf 4900 Metern abgegangen sei, habe ihnen die stetig lauernde Gefahr drastisch vor Augen geführt. „Wir haben verstanden, dass wir selbst im Winter bei Temperaturen ständig unter minus 20 Grad Celsius nicht vor Eislawinen gefeit sind. Das gibt uns zu denken.“ Schließlich führe kein Weg um den Eisbruch herum, über dem eine mächtige Eiswulst hänge. „Ich hatte gehofft, diese etwa 1000 Meter hohe Passage in einem Rutsch klettern zu können. Aber es war komplizierter als erwartet. Den Weg durch die Spalten und Seracs zu finden, wurde zu einer zeitraubenden und Furcht einflößenden Aufgabe.“

Taktik ändern

Seine ursprünglich geplante Taktik, ab 5000 Meter alleine und extrem schnell aufzusteigen, wird Ralf möglicherweise ändern müssen. „Mir läuft die Akklimatisation davon. Vielleicht muss ich mich doch Lager für Lager hinaufarbeiten“, sagt der 52-Jährige nachdenklich. „Das war eigentlich nicht mein Plan.“ Das Jahr 2013 verabschieden Ralf, Darek, Koch Essan, Hilfskoch Karim und die drei Polizisten im Basislager mit einem guten Abendessen. „Mehr als ein Silvestermenü ist bei der Kälte hier nicht drin.“ Sollte der Schneefall wie vorhergesagt am Neujahrstag aufhören, könnten Ralf und Darek möglicherweise am Donnerstag erneut aufbrechen.

Nanga Parbat Winter-Expedition | 7. Bericht 30.12.2013

 

Nanga Parbat im Abendlicht

Nanga Parbat im Abendlicht

Text von Stefan Nestler | Blog Abenteuer Sport Deutsche Welle

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Saugefährlich

Das war nichts für schwache Nerven. „Wir haben zwei große Schneebretter abgetreten“, erzählt Ralf Dujmovits via Satellitentelefon nach seiner Rückkehr ins Basislager. Dann sei auch noch eine große Lawine abgegangen. Nach der Zeltnacht auf 4900 Metern waren die beiden durch den Eisbruch in die Messner-Route eingestiegen. „Wir sind gut vorangekommen“, sagt Ralf. „Auf 5500 Metern haben wir ein Depot angelegt. Die Stelle taugt auch als Lagerplatz.“

Bis zur Hüfte eingesunken

Der Weg zurück habe nicht nur an den Nerven gezehrt, sondern sei auch extrem anstrengend gewesen. „Wir haben länger abwärts gespurt als aufwärts. Immer wieder sind wir bis zur Hüfte in Schneelöcher eingesunken.“ Da es wieder zu schneien begonnen habe und auch der Wind weiter heftig blase, seien nun ein bis zwei Ruhetage im Basislager geplant. Auch beim nächsten Mal will Ralf gemeinsam mit Darek zum Depot aufsteigen. „Mit den zugeschneiten Spalten ist es im unteren Teil einfach saugefährlich. Da musst du dich anseilen.“ Die ersten Tage des neuen Jahrs werden nach der Vorhersage des Meteorologen Charly Gabl etwas weniger windig, „teilweise wolkig, sonnig und trocken“. Auch die Temperaturen am Gipfel steigen voraussichtlich von minus 44 Grad Celsius am Neujahrstag auf minus 38 Grad.

Keine Konkurrenzsituation

Von der polnischen Expedition auf der Rupal-Seite des Nanga Parbat bekommt Ralf nach eigenen Worten nichts mit. Er empfinde die polnischen Bergsteiger ebenso wenig als Konkurrenz wie den Italiener Simone Moro und den Deutschen David Göttler, die inzwischen ebenfalls in Pakistan eingetroffen sind. „Ich habe mich vorher bei Simone und David erkundigt, welche Route sie nehmen wollen“, sagt Ralf. „Ich wollte nämlich auf keinen Fall in eine Konkurrenzsituation geraten.“ Seinen Plan einer Winterbesteigung des Nanga Parbat mit vorhergehender Akklimatisierung am Aconcagua trage er schon seit Jahren mit sich herum.

 

Nanga Parbat Winter-Expedition | 6. Bericht 29.12.2013

 

Nanga Parbat im Abendlicht

Nanga Parbat im Abendlicht

Text von Stefan Nestler | Blog Abenteuer Sport Deutsche Welle

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Stürmische Zeiten

Schon bevor Ralf das erste Wort ins Satellitentelefon spricht, weiß ich, in welchem Wetter er und Darek stecken. Der Wind rüttelt und zerrt am kleinen Zelt. Ein Hintergrundgeräusch, das niemand vergisst, der es schon einmal erlebt hat. Ralf und Darek haben ihr Zelt auf einer Höhe von etwa 4900 Metern aufgeschlagen, unterhalb vom üblichen Lagerplatz eins der Kinshofer-Route, dort wo der Weg auf die Messner-Route abzweigt. „Es war gar nicht so leicht, das Zelt bei diesem Sturm aufzubauen“, sagt Ralf. „Da kam uns unsere Erfahrung aus vielen Expeditionen zugute.“

Fast umgeworfen

Der 52-Jährige schätzt die Windgeschwindigkeit auf 70 bis 80 Stundenkilometer. „Die Temperatur dürfte bei minus 20 Grad Celsius liegen, dazu der Wind, das tut schon richtig weh.“ Die beiden übernachten an der Stelle, bis zu der sie auch bei ihrem ersten Erkundungstrip aufgestiegen waren. „Unsere Spuren vom Aufstieg waren durch Neuschnee und Windverfrachtungen wieder verschwunden, wir mussten also erneut spuren“, berichtet Ralf. „Nur dort, wo Lawinen abgegangen waren, fanden wir harten Untergrund vor.“ Die Wind-Böen seien teilweise so stark gewesen, „dass sie uns mit den Rucksäcken fast umgeworfen hätten.“

Gemütlich

Kein Wunder, das sich Darek Zaluski im Zelt deutlich wohler fühlt. „Jetzt haben wir es hier richtig gemütlich“, sagt der 54 Jahre alte Pole. Darek hat schon fünf Achttausender bestiegen, darunter den Mount Everest und den K 2. Auch an drei polnischen Winterexpeditionen hat er teilgenommen, eine davon führte ihn vor 16 Jahren zum Nanga Parbat. Er habe sich einigermaßen von seinem Magen-Darm-Infekt erholt, meint Zaluski. „Mal sehen, wie weit ich aufsteigen kann.“ Morgen wollen sich die beiden nach einem ersten Lagerplatz auf der Messner-Route umsehen – vorausgesetzt, der Wind lässt einen weiteren Aufstieg zu. Wenn nicht, werden Ralf und Darek nicht erst am Nachmittag, sondern bereits am Morgen wieder ins Basislager absteigen.

 

Nanga Parbat Winter-Expedition | 5. Bericht 28.12.2013

 

Nanga Parbat im Abendlicht

Nanga Parbat im Abendlicht

Text von Stefan Nestler | Blog Abenteuer Sport Deutsche Welle

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Abwarten und Tee trinken

Es gehört zum Wesen von Plänen, dass man sie zuweilen über den Haufen werfen muss. Eigentlich wollten Ralf Dujmovits und Darek Zaluski heute wieder in die Diamirflanke des Nanga Parbat einsteigen, um auf einer Höhe von 4850 Metern zu biwakieren und von dort aus nach einem ersten Lagerplatz auf der Messner-Route zu suchen. Doch daraus wurde nichts. Als sich die beiden am Morgen zur verabredeten Stunde trafen, um aufzubrechen, signalisierte Darek, dass es besser sei, wenn er im Basislager bleibe. Ein Magen-Darm-Virus hat den Polen erwischt, Diät mit Reis und Tee ist angesagt. „Inzwischen geht es ihm schon deutlich besser“, erzählt Ralf am Abend (in Pakistan) per Satellitentelefon. „Wenn das Wetter mitspielt, könnten wir morgen aufsteigen.“

Ganzen Tag geschneit

Die Temperaturen liegen nach wie vor bei bis zu minus 18 Grad Celsius im Zelt, draußen natürlich um einige Grad tiefer. Sein Körper habe sich offenkundig schon ein wenig an die Dauerkälte gewöhnt, sagt Ralf: „Es ist echt verrückt. Am ersten Tag im Basislager habe ich beim Telefonieren noch mächtig gefroren. Jetzt sitze ich hier ohne Handschuhe.“ Den ganzen Tag über habe es geschneit, „ nicht kräftig, aber ständig, etwa 15 Zentimeter Neuschnee“. Auch wegen der schlechten Sicht hätte ein Aufstieg zum geplanten Biwakplatz heute wenig Sinn gemacht. Schließlich will sich der 52-Jährige genau ansehen, „wie ich durch den großen Eisbruch komme“, bevor er in das Spalten-Labyrinth einsteigt.

Sturm am Gipfel

Der Wind im Basislager sei kaum der Rede wert, berichtet Ralf. „Aber oben bläst es schon sehr stark.“ Das deckt sich mit der Voraussage des österreichischen Meteorologen Charly Gabl, der die Bergsteiger am Nanga Parbat mit Wetterdaten versorgt. Laut Gabl frischt der Wind am 8125 Meter hohen Gipfel in den nächsten Tagen zum heftigen Sturm auf, mit Geschwindigkeiten bis zu 120 Stundenkilometer. Am höchsten Punkt ist es nach Angaben des Wetterfroschs aus Innsbruck relativ konstant minus 43 Grad Celsius kalt. Ralf ist klar, dass er sich bis zu seinem ersten Gipfelversuch wohl noch ein wenig gedulden muss: „Da hilft nur Abwarten und Tee trinken.“