Nanga Parbat Winter-Expedition | 10. Bericht 02.01.2014
Text von Stefan Nestler | Blog Abenteuer Sport Deutsche Welle
Expeditionsabbruch am Nanga Parbat
Ausgehend von meiner Idee sich an einem hohen Berg auf der südlichen Hemisphäre zu akklimatisieren – um Kräfte zu sparen und dann gut akklimatisiert und möglichst zügig die Winter-Besteigung zu versuchen – war zunächst alles optimal verlaufen. Vom Aconcagua brachte ich tatsächlich die gute Akklimatisation mit: vier Nächte auf 6000m und zwei Nächte am Gipfel (6964 m, 12. + 13. Dezember) und konnte damit hoffen am Nanga Parbat gut voran zu kommen.
Mit einem Tag Verspätung (Flugausfall Darek) trafen wir am 24.12. im Basislager des Nanga Parbat ein. Leider waren zu diesem Zeitpunkt weder das Wetter noch die Gletscher-Verhältnisse so, dass an einen zügigen Aufstieg noch an ein genaues Inspizieren der Route zu denken gewesen wäre.
Sowohl auf der Kinshofer-Route als auch auf der Göschl-Route sind über weite Strecken Blankeis zu erkennen, die einen massiven Material-Aufwand erfordern würden. Nur auf der Messner-Route mit bekanntermaßen größeren objektiven Gefahren scheinen die Schnee- und Eisverhältnisse so, dass mit überschaubarem Absicherungs-Aufwand die Route auch alleine zu begehen sein könnte. Leider stellen sich aber die Gletscherverhältnisse als so zerrissen und kompliziert heraus, dass ohne aufwändiges Erkunden der Route zu zweit in Seilschaft an einen durchgängigen Aufstieg nicht zu denken ist. So ereichen Darek und ich am 30/12 auf der Messner-Route eine Höhe von 5500 m (x im angehängten Bild) und richten dort ein kleines Material-Depot ein. Tags darauf und für die folgenden 36 Stunden starker Schneefall.
Am ersten Tag mit wirklich guten Wetterverhältnissen, dem 01/01/2014, der ein akkurates Inspizieren der Messner-Route per Fernglas erlaubte, erkenne ich im rechten Teil der großen Serac-Barriere – die über dem unteren Teil der Messner-Route hängt – zwei freistehende, überhängende Eistürme. Beide sind zur Eisbarriere hin eingerissen und bereits nach außen geneigt.
Bei einem weiteren Erkunden der Route und natürlich dann auch bei einem Durchstieg Richtung Gipfel und beim Abstieg wäre jeweils über längere Strecken ein Aufenthalt in unmittelbarer Falllinie dieser Eistürme unumgänglich. Nach genauem Abwägen der Situation habe ich mich nun heute morgen – wir sind im Tiefschnee noch mal 2 Stunden zum Gletscher aufgestiegen – zu einem Abbruch der Expedition entschlossen. Darek unterstützt meine Entscheidung.
Mit einem gewissen Risiko hatte ich beim Aufstieg im Winter auf der Diamir-Seite – speziell auf der Messner-Route – gerechnet. Nicht aber mit unabsehbaren Risiken, die ich nicht bereit bin einzugehen. Der schwere Unfall am K2 oberhalb des Flaschenhals im Jahr 2008 wegen eines abbrechenden Teils des großen Seracs ist eines von vielen Beispielen von vermeidbaren Eisschlag-Unfällen.
Wir hatten hier im Norden Pakistans am Nanga Parbat eine gute, sehr kalte und abenteuerliche Zeit. Wegen der drei uns begleitenden – sehr netten – Polizisten war zur Unterstützung unseres Kochs Essan auch Karim – beide sind Hunza – mit dabei. Mit allen fünfen haben Darek und ich uns bestens und freundschaftlich verstanden. In den nächsten Tagen dürfen Darek und ich noch ein paar Tage zu Essan und seiner Familie nach Aliabad. Schon seit langem möchte ich ein filmisches Portrait über diesen außergewöhnlichen Menschen, Freund, Expeditionskoch und Edelsteinsucher drehen. Ich freue mich darauf, seine Familie kennen zu lernen und mit ihm seine neu eingerichtete Miene weit oberhalb des Hunzatals zu besuchen.
Gerne möchte ich wieder meinen Sponsoren herzlich danken, die mir diese Chance, erst den Aconcagua besteigen zu können und dann den Nanga Parbat im Winter kennen zu lernen, ermöglicht haben:
Schöffel, LOWA, GoreTex, Komperdell, Valandré und Beal. Den teilweise seit 20 Jahren Verantwortlichen meinen allerbesten Dank!
Ein großes Dankeschön an Nicola Roth im Büro – sie hat diese große logistische Aufgabe fast im Alleingang gestemmt – , an Charlie Gabl für seine wie immer zuverlässigen Wetterprognosen und an Stefan Nestler für die gute Berichterstattung.
Ich gehe mit Wehmut von hier weg – es war ein hartes, aber auch wildes und schönes Abenteuer.
Für 2014 meine besten Wünsche – letztlich zählt nur die Gesundheit und die liebenden Menschen um einen herum.
Den beiden Expeditionen auf der Rupal-Seite des Nanga Parbat wünsche ich viel, viel Glück und Erfolg.